Kinder an Klettergerüst
Aufgaben werden komplexer, Mittel werden gekürzt

Aufgaben werden komplexer, Mittel werden gekürzt

– Badische Zeitung

Theresa Kleiser

BONNDORF (vfno). "Wir haben die Unwägbarkeiten der Meere und der Schifffahrt verlassen und erklimmen die Höhen auf dem Lande, nicht zu neuen Ufern, sondern getragen von der Kraft der Pferde." Mit diesen fast poetischen Worten begrüßte der langjährige Vorsitzende Wulf Schmidt die Besucher der Hauptversammlung der Lebenshilfe Südschwarzwald in den Räumen der Sparkasse Bonndorf und erinnerte damit an die erfolgreiche Verschmelzung der Lebenshilfe Hochschwarzwald und Hochrhein.

Kraftvoll und tatkräftig, so kennt man ihn und erfreut stellte er fest, dass auch Bernhard Schindler, stellvertretender Bürgermeister von Titisee-Neustadt, und Dieter Köpfler als Stellvertreter des Löffinger Bürgermeisters zur Versammlung gekommen waren.

Dass mit der Größe auch die Herausforderungen gewachsen sind, wurde im Bericht zu Geschäft und Lage der Lebenshilfe von Uli Pfeifer, der seit elf Jahren als Geschäftsführer tätig ist, deutlich. Die Verwaltung (1,5 Arbeitsstellen) hat mit enorm steigenden komplexen Anforderungen zu tun. Die Liste wird länger und länger. Gefahrenanalysen für alle Abteilungen, Sicherstellen von Ersthelfern, Brandschutzvorschriften, Gesundheitserklärungspflichten, Informationspflichten für Mitarbeitende in Freizeiten, Einholung von Bildrechten, Aufbewahrungspflichten von Informationen. Dies sind nur ein paar Beispiele einer langen Liste, die Zeit für kreative Leistungsaufgaben wird immer kleiner. "Es wird komplex, zu viel Zeit müssen wir außerhalb unseres eigentlichen Aufgabenbereichs, der Hilfe für Menschen mit Behinderungen, investieren", so Pfeiffer. Wirtschaftlich beeinflusst wird auch die Lebenshilfe durch Kürzungen von Fördermitteln oder durch neue Gesetzeslagen. Allein die Kosten für Fahrdienste des DRK sind durch die Einführung des Mindestlohns von 10 000 Euro auf 26 000 Euro im Jahr gestiegen. Durch Sparmaßnahmen des Landes Baden Württemberg werden die Fördergelder um 17 000 Euro pro Jahr reduziert. Konkret werden im Jahr 2016 von ehemals 51 000 Euro Förderung nur noch 24 000 Euro bleiben. Trotz allgemein abnehmender Spendenfreudigkeit stehe die Lebenshilfe aber positiv da. "Wir haben eine hohe Anerkennung, die Leute wissen, was wir tun", so Pfeiffer.

Die Tatsache, dass inzwischen 450 Mitarbeiter für die Lebenshilfe tätig sind, erstaunte selbst viele Anwesende der Versammlung. Beim Geschäftsvolumen (1,8 Millionen für das Jahr 2014) ist man im Bereich eines kleinen mittelständischen Unternehmens angelangt. Pfeiffer warnte vor zu schnellem Wachstum, wo am Ende die Lebenshilfe Dienstleister und die Mitglieder Kunden werden. "Da wollen wir nicht hin", stellte er klar.

Mehr Materialaufwand und mehr Personalkosten, damit wurde die Lebenshilfe im letzten Jahr konfrontiert. Auf Seiten der Personalkosten sei dies nicht alarmierend. "Neue Mitarbeiter müssen erst eingearbeitet werden, man müsse dies als Vorleistung sehen, die sich erst später rechnet. Durch neue Dämmverordnungen kam es zu erhöhten Sanierungskosten beim Kindergarten in Laufenburg.

Der Entlastung des Gesamtvorstandes durch die Mitglieder ging ein tadelloser Prüfungsbericht voraus, den Wirtschaftsprüfer Joachim Stärk vortrug. Wulf Schmidt betonte noch einmal, dass er froh ist, mit Uli Pfeiffer einen Geschäftsführer mit perfekten Managementqualitäten an Bord zu haben. Einstimmig wurde beschlossen, dass auch Menschen mit Behinderung künftig Vollmitglieder in der Lebenshilfe werden können: Statt der üblichen 35 Euro gilt für sie der ermäßigte Betrag von 12 Euro. Auch der Zugang für Posten im Vorstand wird somit selbstverständlich ermöglicht.

Nach dem offiziellen Teil wurden zwei neue Projekte vorgestellt. Einmalig in Deutschland ist das Projekt auf dem Pferdehof von Heidi Behringer in Hänner, wo Menschen mit Behinderung einen Kutschenführerschein machen können. Ihr Bericht von den Aktivitäten mit einer begleitenden Bildpräsentation mit bewegenden Fotos sorgte für viel Beifall.

Ebenfalls neu und einmalig ist das Projekt "KompAss", das von Kerstin Axt vorgestellt wurde. Es soll Menschen mit Behinderung helfen, eine Stelle auf dem regulären Arbeitsmarkt zu finden. Dies darf keinesfalls als Konkurrenz zur Werkstatt der Lebenshilfe gesehen werden. Es ist für die gedacht, die dies ausdrücklich anstreben oder für diejenigen, die nicht in der Werkstatt arbeiten können. Individuelle Förderung ist das Motto des Projekts. Erfreut stellte man auch fest, dass die politischen Vertreter es geschafft haben, Zuschüsse speziell für das Projekt KompAss "umzuleiten". In diesem Zusammenhang wurde der Einsatz des Bundestagsabgeordneten Thomas Dörflinger genannt. Kerstin Axt ist derzeit noch in der Aufbauphase. Ein erster Erfolg ist die Vermittlung eines Mitarbeiters auf den Pferdehof der Behringers in Hänner.

Lebenshilfe Südschwarzwald (von links): Geschäftsführer Uli Pfeiffer, Heidi Behringer, Kerstin Axt und Vorsitzender Wulf Schmidt Foto: Scheu

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