Kinder an Klettergerüst
Bei uns stimmt die Chemie

Bei uns stimmt die Chemie

– Südkurier

Simone Merz kommt vier Mal in der Woche morgens in die Familie, um die behinderte Lara für die Schule fertig zu machen und mit ihr zu frühstücken. Bild: Uthe Martin| Bild: Uthe Martin

Eva Fehrenbach-Otto (links) und Elke Stadler arbeiten in der Abteilung Persönliche Angebote bei der Lebenshilfe Südschwarzwald in Tiengen mit. Bild: Uthe Martin

Kreis Waldshut – Lara wartet schon ungeduldig. Die 13-Jährige sitzt auf dem Sofa im Haus ihrer Eltern in Lauchringen, streckt gleich die Hände aus, als ihre Mutter den Besuch ins Wohnzimmer bittet. Sehen kann Lara nicht, wer da kommt, sie kann nur Hell und Dunkel unterscheiden. Das Mädchen ist neugierig und freundlich, doch ganz schnell ist ihre Trommel wichtiger. An diesem Vormittag hat sie schulfrei und braucht nicht auf den Bus zu warten, der sie in die Wutachschule für Körperbehinderte in Tiengen bringt. Für ein Foto ist noch Zeit, dann freut sie sich auf ihren Ausflug in die Stadt, den ihre Mutter ihr versprochen hat.

Ganz selbstverständlich schaut Simone Merz nach Lara, während deren Mutter mit dem Besuch spricht. Simone Merz (48) ist eine Nachbarin und kümmert sich als Ehrenamtliche der Lebenshilfe seit Winter 2014 um Lara. Der Umgang ist herzlich und vertraut, und Lara hört auf ihre Simone.

Der Verein hat derzeit etwa 100 Ehrenamtliche im Landkreis Waldshut in Einsatz, meist Frauen, die wie Simone Merz Familien mit Kindern mit Behinderung unterstützen. Die Leitung tut ihr Möglichstes, um für die Jungen und Mädchen mit Behinderung passende Betreuerinnen zu finden. Für Lara ist die 48-Jährige ein richtiger Glückstreffer: Ihr macht das frühe Aufstehen nichts aus, sie ist in wenigen Minuten zu Fuß bei ihrem Schützling, und sie hat vier eigene Kinder.

Nicht immer passt es so ideal. Zu Beginn ihres ehrenamtlichen Engagements hat sich Simone Merz um einen älteren Mann gekümmert, der in einem Altersheim lebte. Das sei eine schöne Aufgabe gewesen, doch habe sie sie dennoch gleich zugesagt, als ihr die Lebenshilfe die Betreuung von Lara angeboten habe.

„Ich komme vier Mal pro Woche um 7 Uhr und bin dann nur für Lara da, damit sie rechtzeitig in der Schule ist. Ich wecke sie, richte ihr Frühstück, helfe im Bad und beim Anziehen und bringe sie zum Bus." Laras Mutter kümmert sich in der Zwischenzeit um das Frühstück der anderen Kinder, die dann ebenfalls aus dem Haus müssen. Simone Merz, selbst Mutter von vier Kindern, sagt, die Betreuung von Lara mache ihr Spaß. Sie gehe jeden Tag mit Freude hin. „Die Chemie muss stimmen, und das war bei uns von Anfang an der Fall.“

Über eine Anzeige der Lebenshilfe, die Betreuer suchte, kam die 48-Jährige in die Familie. Sie freue sich, wenn sie zur Entlastung der Familie beitragen könne. Mittlerweile haben sie und Lara ihr eigenes Programm aufgetüftelt: „Beim Kämmen und Zähneputzen läuft Musik“, sagt Simone Merz. „Lara freut sich, wenn ich komme, und sie gibt mir viel zurück. Ich bin richtig gut gelaunt, wenn ich sie zum Bus gebracht habe. Es tut mir gut, wenn ich gebraucht werde und wenn ich merke, dass anerkannt wird, was ich mache.“

Familienlotsen und Beratung für Unterstützung

Die Lebenshilfe versteht sich als Selbsthilfevereinigung, Eltern-, Fach- und Trägerverband für Menschen mit geistiger Behinderung und ihre Familien.

Gründung: Die Lebenshilfe wurde 1958 in Deutschland auf Bundesebene von betroffenen Eltern und Fachleuten als Bundesvereinigung Lebenshilfe gegründet. Sie begleitet Menschen mit geistiger Behinderung in ihrem Bestreben, gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilzunehmen und tritt für die barrierefreie Gestaltung aller Lebensbereiche ein. Sie ist nach eigenen Angaben eine solidarisch handelnde Selbsthilfeorganisation mit kompetenten Beratungs- und Betreuungsangeboten, mit differenzierten Einrichtungen und zukunftsweisenden Projekten.

  • Mitgliedsorganisationen: In der Bundesvereinigung Lebenshilfe sind als Mitgliedsorganisationen 512 Orts- und Kreisvereinigungen und 16 Landesverbände, die alle jeweils rechtlich eigenständig sind, zusammengeschlossen. Weitere Mitglieder gemäß der Satzung sind 115 ordentliche und kooperative Mitgliedsorganisationen. Insgesamt sind rund 130000 Menschen in den Mitgliedsvereinigungen der Bundesvereinigung Lebenshilfe organisiert.
  • Im Landkreis Waldshut: Die Lebenshilfe Südschwarzwald ist im Landkreis Waldshut vielfältig vertreten: Beratungs- und Förderzentrum in Tiengen, KompAss Projektarbeit in Waldshut, Schulkindergarten in Laufenburg-Rhina, Gruppenangebote in Bad Säckingen und Persönliche Angebote in Tiengen und Bad Säckingen.
  • Persönliche Angebote: Hier kümmert sich die Lebenshilfe um Familien mit Angehörigen, die eine Behinderung haben. Die Familien werden durch den so genannten Familienlotsen zu allen Fragen der Behinderung beraten, es wird auch nach Fianzierungsmöglichkeiten geschaut. Eine Hauptaufgabe dieses Bereichs ist der Familienunterstützende Dienst (FUD). Hier werden Familien durch eine individuelle Eins-zu-Eins-Betreuung ihres behinderten Angehörigen zu Hause unterstützt.
  • Familienunterstützender Dienst: Ziel ist die Unterstützung und Entlastung von Angehörigen, die ein Familienmitglied mit Behinderung zu Hause betreuen. Angehörige sollen so Freiraum für eigene Termine sowie für Erholung und Entspannung erhalten. Für den Menschen mit Handicap bietet ein Alltagsbegleiter Abwechslung im Alltag, Ansprache und Kontakt außerhalb der Familie.
  • Familienlotse/Beratung: Hier gibt es Beratung zu allen Fragen der Behindertenhilfe, Hilfestellung bei der Auswahl der Kostenträger für alle Leistungen rund um die Behinderung; Unterstützung bei Anträgen, etwa für einen Behindertenausweis oder eine Pflegestufe.
  • Team des FuD: Aktuell stehen drei Mitarbeiterinnen der Lebenshilfe für die Organisation der Eins-zu-Eins-Beratung zur Verfügung. Durch die Aufteilung der örtlichen Zuständigkeiten sieht sich die Lebenshilfe ihrem Ziel wieder einen Schritt näher, vor Ort für die Familien dazusein und entsprechen individuell zu unterstützen.
  • Vermittlung und Koordination: Alexa Schulz ist für den östlichen Landkreis Waldshut zuständig; Eva Fehrenbach-Otto für den westlichen Landkreis. Beide haben ihren Sitz im Haus der Lebenshilfe in der Zeppelinstraße 2 in Tiengen. Telefon 07741/9657277. Birgit Meerkamp ist für den westlichen Landkreis Waldshut zuständig, Nagaistraße 3 in Bad Säckingen, Telefon 07761/5539359. Abteilungsleiterin/Familienlotse: Elke Stadler ist für die Beratung der Angehörigen der Menschen mit Behinderung zuständig.
  • Die Ehrenamtlichen: Vor vier Jahren startete der FUD mit vier Familien, deren Angehörige insgesamt 100 Stunden im Jahr zu Hause betreut wurden. Heute sind es 80 Familien, die von 100 Betreuern insgesamt 7700 Stunden durch die Lebenshilfe (2015) betreut wurden. Die Beratung haben weitaus mehr Familien genutzt. Für die Betreuer und Familienangehörige werden regelmäßig Schulungen angeboten: Kinaesthetic-Kurse, Kommunikationskurs und Erste Hilfe am Kind. Zudem sind spezifische Kurse, veranstaltet durch den Fachbereich Akademie der Lebenshilfe, geplant.
  • Neue Betreuerinnen und Betreuer sind immer willkommen. Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung und kostenlose Fortbildungen. Elke Stadler informiert auch über die Möglichkeiten von finanzieller Unterstützung, etwa für die Eins-zu-Eins-Betreuung.
  • Kontakt: Ansprechpartnerin ist Elke Stadler, Leitung Persönliche Angebote und Familienlotse, Zeppelinstraße 2, Tiengen; Telefon 07741/9657277; E-Mail: pa.wt@lebenshilfe-ssw.de (uma)

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