Kinder an Klettergerüst
Den Bullen Felix kennt jedes Kind

Den Bullen Felix kennt jedes Kind

– Badische Zeitung

TITISEE-NEUSTADT. "Hier ist es schön – gell." Für Henry ist das keine Frage, sondern eine Feststellung. Alle zwei Wochen sind der Vierjährige und die anderen 15 Kinder aus dem Neustädter Waldkindergarten zu Gast auf dem Fallerhof in Jostal. Hier erfahren sie viel über Landwirtschaft und Lebensmittel, kommen mit den Tieren in Berührung und erleben den Jahreslauf auf besondere Weise. Den Herbst als Zeit der Rückkehr zum Beispiel: Die Kühe stehen wieder im Stall.

Dementsprechend viel los ist dort an diesem Mittwochmorgen. Kinder und Kühe schauen sich gegenseitig neugierig an. Eines der Tiere leckt an der Hand von Bäuerin Gisela Löffler, während sie erklärt, warum Kühe immer kauen. "Sie fressen Gras oder Heu, schlucken es runter in den ersten Magen. Dann kommt es wieder hoch, sie kauen weiter und es geht in Magen Nummer zwei." Fasziniert hört der Nachwuchs zu. Was – vier Mägen hat eine Kuh? "Ganz schön viel", sagt Linus. "So viele Mägen, wie ich Jahre alt bin", ruft Emma. Stimmt genau.

Dass die Rindviecher was in ihre vielen Mägen bekommen, dafür sind heute die Neustädter Kinder zuständig. Gemeinsam wird das Heu von einem großen Haufen in der Mitte des Stalls hin zu den Tieren gebracht. Die strecken ihre Köpfe durch das Gitter und fangen genüsslich an zu mampfen. Auch Felix schmeckt es. Den Bullen kennt hier jedes Kind – und sie alle sind von ihm und seiner Größe beeindruckt. Was daraus wird, wenn er sich an eine Kuh ranmacht, wissen die Sprösslinge auch: ein Kälbchen. Auf dem Fallerhof wurde erst vor wenigen Tag eines geboren.

Neben Felix haben die Kinder aber noch viele andere tierische Stars. Garfield, der rote Hofkater zum Beispiel. An diesem Morgen hat er es sich auf einem großen Heuballen bequem gemacht und beobachtet das Treiben. Und Flecki mögen die Kinder. Das ist eines der Zwergkaninchen und es heißt so, weil es viele schwarze Punkte auf dem Fell hat. Das Tier gehört Magdalena, die eines der vier Kinder vom Fallerhof ist und den Waldkindergarten besucht. Zwei Vormittage die Woche arbeitet ihre Mutter Gisela dort mit und sie empfängt auch immer wieder Kindergruppen auf dem Hof. Welche Erfahrungen sie dabei macht? "Ja, es gibt auch bei uns Kinder, die noch nie eine Kuh aus der Nähe gesehen haben." Bei den Kindern vom Felsele sei das nicht so gewesen, doch hätten manche von ihnen anfangs Angst auf dem Hof gehabt. "Ungewohnte Räume, fremde Geräusche. Aber das ist jetzt alles kein Thema mehr", berichtet Löffler.

Allerdings. Die Kinder bewegen sich sicher im und um den Stall. Hier nicht zu rennen, ist eine der Bauernhofregeln. Außerdem wird nicht geschrien, "sonst bekommen die Tiere Angst", erklärt Henry. "Türen, die zu sind, bleiben zu", ergänzt ein anderer. Die Kinder wissen gut Bescheid. Im Lauf des Jahres wurden unter anderem gemeinsam Kartoffeln gesetzt und geerntet, es wurde erklärt, welchen Nutzen welches Tier hat und gemeinsam Butter gemacht. Heute steht auf dem Plan, was die Tiere fressen. Als Bäuerin Löffler eine Karotte hochhält, wissen alle gleich, wer die am liebsten hat: "Die Hasen." Und die beiden Pferde Sissi und Juka natürlich. Erstaunt ist der Nachwuchs darüber, dass auf gelbe Rüben auch Hofhund Ronja steht. Bei den getrockneten Hundeleckerli meint Linus eine gewisse Ähnlichkeit zu erkennen: "Sieht aus wie mein Lieblingsmüsli." Das trockene Brot als Futter dürfen die Kinder von zu Hause mitbringen. Am Tag vor dem Bauernhofbesuch bekommt jedes Kind einen Stempel auf die Hand. Dann wissen die Eltern, dass sie für die Fahrt mit dem Kleinbus zum Fallerhof den Kindersitz mitbringen müssen und Brot einpacken sollen.

Das kommt auch bei Willi Wolke wunderbar an. Der Schafbock mit den gedrehten Hörnern frisst Peter aus der Hand. "Ihn mag ich am liebsten. Wir sind Freunde", sagt der Fünfjährige. Wie stolz er darauf ist, steht ihm ins Gesicht geschrieben. Peter konnte es deshalb auch kaum erwarten, Willi aus dem Gatter zu lassen. Währenddessen sind drei andere Kinder im Hühnerstall auf Eiersuche. Zusammen zählen sie. Das Ergebnis macht stolz: "Elf Stück haben wir gefunden."

Dann will Emma endlich einen der Hasen an die Leine nehmen. Ja, richtig verstanden: Auf dem Fallerhof gibt es eine Leine für Mümmelmänner. "Der Hase bestimmt, wo es lang geht. Es wird nur vorsichtig gezogen, wenn er sich in Gefahr bringt", erklärt Bäuerin Gisela Löffler. Statt Auslauf genießt Zwergkaninchen Flecki Streicheleinheiten. Henry sitzt im Heu und fast andächtig krault er in dem weichen Fell. "Hier ist es schön – gell." Keine Frage.

 


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