Kinder an Klettergerüst
Ein Freund macht mehr als einen Job

Ein Freund macht mehr als einen Job

– Badische Zeitung

Ein Freund macht mehr als einen Job

Seit drei Jahren nimmt sich Uwe Koch gern Zeit für Andreas Laws.

LAUFENBURG. Mindestens acht Stunden pro Woche nimmt sich Uwe Koch Zeit für Andreas Laws aus Laufenburg, der im Rollstuhl sitzt. Koch ist einer von zwei Männern unter insgesamt 75 ehrenamtlich Tätigen, die im Landkreis Waldshut im Rahmen des Familien unterstützenden Dienstes der Lebenshilfe Südschwarzwald Menschen mit einer Behinderung betreuen.

Zwischen Andreas und Uwe herrscht konzentrierte Stille. Kochs Hand verharrt kurz über dem Schachbrett, dann nimmt sie eine Figur und rückt sie ein paar Felder weiter. Andreas schmunzelt. Sofort hat er den Zug seines Gegners durchschaut und kontert. "Seit ich ihm ein paar Tricks gezeigt habe, gewinnt er öfter", sagt Koch und wirkt alles andere als frustriert.

Seit drei Jahren treffen sich die beiden Männer regelmäßig in ihrer Freizeit. Uwe Koch (34) ist Lymphtherapeut in einer Fachklinik in St. Blasien. Andreas Laws (23) arbeitet in den Caritas-Werkstätten in Wallbach. Wegen seiner spastischen Lähmung sitzt er im Rollstuhl. Die linke Hand kann er nur eingeschränkt nutzen. Er hat Sprech- und Schluckstörungen. Bis zum Sommer 2008 besuchte Andreas acht Jahre ein Internat für Körperbehinderte in Emmendingen. Er hatte Freunde und eine optimale Freizeitgestaltung. Nach dem Schulabschluss fiel er zu Hause in ein Loch. Seine Eltern Uschi und Josef Laws suchten einen Freizeitpartner für ihren Sohn. "Jemand, der keine Hemmschwellen vor einem Rollstuhlfahrer hat und mit ihm etwas unternimmt", sagt Uschi Laws. Zum Beispiel Klamotten kaufen. Mit seinen Eltern hat Andreas wie jeder junge Erwachsene dazu wenig Lust. Mit Uwe Koch findet er dagegen in Nullkommanix eine Jacke.

Dabei haben die beiden nicht mal denselben Geschmack. „Uwe trägt zu viel schwarz“, meint Andreas. Auch ihre Musikrichtung ist grundverschieden. Uwe ist Fan von Heavy Metal und Hard Rock. Andreas mag Guggenmusik und die Laufenburger Fasnacht. Trotzdem reden sie viel über Musik. Andreas hat sich im Internet über Heavy Metal schlau gemacht. Die beiden klatschen sich im Gespräch immer wieder mit den Händen ab und signalisieren: Wir verstehen uns.

Andreas bewundert Uwes langes Haar. Uwe schätzt Andreas’ Allgemeinbildung, seine direkte, ehrliche Art und vor allem seinen Humor. Seine Spastik weckt in ihm kein Mitleid. „Ich reduziere Andreas nicht auf seine Behinderung. Er ist eine erwachsene Person und so behandle ich ihn auch.“ Kritik gehört dazu. Wenn Andreas im Rollstuhl losprescht und dabei ein Fahrrad umrempelt, erhält er von Uwe einen Rüffel. Ansonsten lässt sich Koch nicht aus der Ruhe bringen. Auch die Unsicherheit beim Toilettengang, bei dem er Andreas helfen muss, ist längst verschwunden.

Drei Monate haben die Laws’ mit Elke Stadler vom Familien unterstützenden Dienst der Lebenshilfe nach einem geeigneten Betreuer für Andreas gesucht. Gefunden hat ihn schließlich seine Mutter über eine Kollegin in dem Kindergarten, in dem sie als Erzieherin arbeitet.

Ob ich mir den Job vorstellen könnte, stand in einem Brief von Uschi Laws, erinnert sich Uwe Koch. Er konnte. Als Therapeut hat er mit Kranken zu tun. Ein Freund von ihm ist Rollstuhlfahrer. Im November vor drei Jahren lernte er Andreas Laws kennen. Seitdem kommt Koch zweimal pro Woche abends für jeweils vier Stunden nach Laufenburg. Manchmal auch am Wochenende, wenn die beiden etwas Besonderes vorhaben. Mit der Lebenshilfe hat Koch eine Beschäftigungsvereinbarung. Der gemeinnützige Verein bekommt für die Eins-zu- eins-Betreuung von verschiedenen Kostenträgern 15 Euro pro Stunde. Die Hälfte davon erhält Koch als Aufwandsentschädigung. „Ich bin ein Freund von Andreas und sehe das nicht als Job“, sagt er. Koch war einer der ersten, die über die Lebenshilfe Behinderte einzeln betreuen. Inzwischen sind es 75. Nur zwei davon sind Männer. Aus beruflichen Gründen musste Koch kürzlich von Oberhof nach St. Blasien umziehen. Trotzdem will er an der Freizeit mit Andreas nichts ändern. „Das Erlebte schweißt zusammen“, freut sich Uschi Laws. Uwe nickt. Andreas lacht.

Kontakt: Die Lebenshilfe Südschwarzwald ist zu erreichen über Natalie Amico in Bad Säckingen, Nagaistraße 3, Telefon 07761/ 5538581, E-Mail: n.amico@lebenshilfe-ssw.de, und Elke Stadler in WT-Tiengen, Zeppelinstraße 2, Telefon 07741/9657277, E-Mail: e.stadler@lebenshilfe-ssw.de.

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