Kinder an Klettergerüst
Fußball ohne Abseits

Fußball ohne Abseits

– Badische Zeitung

WALDSHUT-TIENGEN (jom). Donnerstagnachmittag in der Waldshuter Schmittenau. Kurz nach fünf kommen immer mehr Jungs im Alter von elf und zwölf Jahren auf den Fußballplatz des VfB Waldshut. Fröhlich präsentieren sie einander ihre neusten Kickschuhe, Torwarthandschuhe oder Fußballtrikots. Man merkt der Gruppe nicht an, dass sie eine außergewöhnliche Mannschaft ist. Die Kicker sind Teil des Projektes Fußball ohne Abseits, das von der Lebenshilfe Südschwarzwald, dem Landratsamt und dem VfB Waldshut ins Leben gerufen wurde.

Zu dem Team gehören seit einigen Wochen fünf Kinder mit Behinderung, die sofort gut aufgenommen wurden. "Ich werde diesen ersten Tag nie vergessen", berichtet Natalie Amico. "Die Mannschaft stand schon auf dem Platz und wir kamen mit den Neuen dazu. Ich habe die Lage kurz erklärt, als plötzlich der Philipp aus der Mannschaft vortritt und sagt, dass er die Jungen doch schon kenne. Dadurch war das Eis sofort gebrochen. Das war ein richtig toller Moment, denn so sollte es sein: Keine Hemmungen gegenüber den Kindern mit Behinderung."

Im Prinzip hat Amico damit schon ihre Ziele erreicht: Die Jungs in das Team integrieren. Vorbehalte und Hemmschwellen abbauen und den Kickern zeigen, dass auch Kinder mit Behinderung nicht nur Schwächen haben. Immer wieder staunen die Fußballer der D2, wie gut ihre neuen Mitspieler sind.

Als ein Team auf dem Platz stehen
Das Team scheint sich blendend zu verstehen. "Das Training macht Spaß, denn es sind Jungs dabei, mit denen man auch mal Scherze machen kann", erklärt Tilman seine Freude am Fußballspielen. Diese Freude ist es, die alle auf dem Platz miteinander verbindet. Alles andere ist in dem Moment egal. "Das ist auch genau das, was wir möchten", betont Natalie Amico. "Wir wollen keine zwei Gruppen mehr erkennen. Wir wollen ein Team auf dem Platz stehen sehen." Es ist nicht mehr zuerkennen, wer eine Behinderung und wer keine hat. Alle wollen nur eins: Fußball spielen.

Das Projekt "Fußball ohne Abseits" gibt es seit Oktober. Der VfB will damit langfristige Integrationsarbeit leisten. Jeden Donnerstag trainieren Jungen mit Behinderung mit der D2 (Jahrgänge 2003-2004) des VfB Waldshut, weitere Spieler sind willkommen. Bertram Weis, der Trainer der D2, und Natalie Amico leiten das Projekt. Die beiden fanden über eine Kollegin von Bertram Weis, der beim Landratsamt tätig ist, zusammen. Natalie Amico ist bei der Lebenshilfe für die Freizeit- und Gruppenangebote zuständig.

Der Trainingsablauf muss so angepasst werden, dass alle mitmachen können. Trainer Bertram Weis wird von zwei Ehrenamtlichen unterstützt: Teresa Klinke und Elisabeth Kuhlmann spielen selber Fußball und haben auch als Betreuer Spaß. Während Teresa eine eigene Übung leitet, liegt der Fokus von Elisabeth auf Lukas, der sonst am Rollator geht und manchmal Unterstützung beim Stehen und Laufen braucht. Die beiden verstehen sich bestens und kannten sich sogar schon aus der Kirchengemeinde. Stolz zeigt er ihr seine neuen Torwarthandschuhe, die er mit seiner Mama am Nachmittag in Waldshut gekauft hat. Für Bertram Weis ist es sehr wichtig, dass die Jungen nicht nur einmal die Woche im Training dazu kommen. "Die Spieler und ihre Familien sollen richtig am Vereinsleben teilhaben. Wie an der Weihnachtsfeier oder anderen Vereinsveranstaltungen", erklärt Trainer Bertram Weis. "Es geht um das Dabeisein. Alles wird so normal wie möglich gehalten, damit die betroffenen Familien und ihre Kinder unseren Fußballalltag miterleben können."

Wenn man die Mannschaft so auf dem Platz herumrennen sieht, dann wird eins auf jeden Fall sofort klar: Hier steht keiner im Abseits.

Spaß beim Training (v.l.): Natalie Amico von der Lebenshilfe Südschwarzwald mit den Spielern Jakob Amann, Robin Schiller, Yannis Schiller, Tiziano Pugliese, Alexai Mischenko und Michael Wagner Foto: Johanna Meister

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