Kinder an Klettergerüst
Personalmangel bereitet der Lebenshilfe Sorgen

Personalmangel bereitet der Lebenshilfe Sorgen

– Badische Zeitung

BONNDORF. Der Mangel an Fachkräften sowie ehrenamtlichen Mitarbeitern ist die größte Herausforderung für die Lebenshilfe. Das verdeutlichten Vorsitzender Wulf Schmidt sowie Geschäftsführer Uli Pfeiffer übereinstimmend in der Mitgliederversammlung des Vereins, der sich im Gebiet von Bad Säckingen über Jestetten bis Titisee-Neustadt für Menschen mit Behinderung und deren Angehörige engagiert.

Seit der Fusion der Lebenshilfe Hochschwarzwald und Hochrhein vor neun Jahren findet die Hauptversammlung in der geographischen Mitte des Einzugsgebietes, nämlich in Bonndorf statt. Hier befindet sich auch eine Außenstelle der Frühförderung, die allerdings intensiver ausgelastet werden sollte. Neuerdings ist der Verein überdies im Besitz der Dobelmühle. Diese wird in naher Zukunft grundlegend saniert. Die über den Haupteingang ebenerdig zugängliche, mittlere Etage mit Küche, Aufenthaltsraum, Schlaf- und Sanitärräumen wird behindertengerecht umgebaut, so dass auch Menschen mit Behinderung die Freizeiteinrichtung nutzen können. Im Obergeschoss befinden sich weitere Schlafräume, auch dort wird eine Toilette installiert. Geschäftsführer Uli Pfeiffer rechnet mit Umbaukosten in Höhe von 120 000 Euro. Etwa 40 Prozent werden von der "Aktion Mensch" als Zuschuss erwartet, der Rest werde aus vorhandenem Eigenkapital sowie über einen Kredit finanziert. Gruppen mit bis zu 20 Personen können die Einrichtung alsdann nutzen. Das Gebäude wird voraussichtlich sogar an das Glasfasernetz der Stadt Bonndorf angeschlossen.

Das würde sich Uli Pfeiffer auch für den Verwaltungssitz in Neustadt wünschen, wo sich die tägliche Arbeit mangels entsprechender Infrastruktur außerordentlich schwierig gestalte. "Bonndorf ist auch in dieser Hinsicht vorbildlich", lobt der Geschäftsführer die hiesigen Rahmenbedingungen. "Unsere hohe Personalfluktuation ist ein weiteres großes Abenteuer. Ständig müssen wir uns auf neue Situationen einstellen", schildert Pfeiffer. Infolge Schwangerschaft mussten drei Mitarbeiterinnen freigestellt werden, zudem kündigten zwei Abteilungsleitungen. "Das macht es extrem schwer, den Normalbetrieb aufrecht zu erhalten." Auch die Besetzung mit Bundesfreiwilligen werde mittlerweile in Frage gestellt. "Sie sind sehr jung und damit noch nicht so stabil im Alltag, häufiger krank als andere Mitarbeiter und fehlen zusätzlich aufgrund verpflichtender Seminare. Die Arbeit bei uns ist nicht so leicht, wie die jungen Leute sich das vorstellen."

 

Brigitte Kerger ist wieder als stimmberechtigtes Mitglied in den Vorstand der Lebenshilfe gewählt worden, nachdem sie ihre hauptamtliche Tätigkeit als Buchhalterin beendet hat. Foto: Martha Weishaar

In den Kindergärten der Lebenshilfe gebe es erstmals freie Plätze, im Gegensatz zu Wartelisten in der Vergangenheit. Ursache sei, dass beratungsresistente Eltern förderbedürftige Kinder lieber in einen Regelkindergarten anmelden. Das misslinge häufig, so dass betroffene Kinder – eigentlich zu spät – als "Rückläufer" in einen Förderkindergarten der Lebenshilfe eingegliedert werden. Eine adäquate Vorbereitung auf die Schule gelinge in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit dann meist nicht mehr. Infolgedessen werde erwogen, die Kindergärten in Laufenburg und Neustadt auch für Kinder ohne Behinderung zu öffnen. Die Schließzeiten, derzeit 76 Ferientage pro Jahr, sollen auf 25 Tage verkürzt werden. Damit würde man berufstätigen Eltern entgegenkommen.

Aufgrund begrenzter Abrechnungsmöglichkeiten und da immer mehr Menschen mit Behinderung in Heimen leben, sind die Gruppenangebote der Lebenshilfe nicht mehr kostendeckend. Das Büro in Bad Säckingen wurde deshalb geschlossen. Bei Gesamtausgaben von 2 445 537 Euro sind 5170 Euro Minus am Ende des Jahres fast eine Punktlandung, erklärte Uli Pfeiffer die Kassenlage des Vereins. Gestiegen sind vor allem die Personalkosten, was hauptsächlich mit der tarifrechtlich höheren Entlohnung älterer Mitarbeiter zusammenhängt. Aber auch die Mietkosten ziehen deutlich an. Infolge zunehmend schlechter Zahlungsmoral und "einiger Leichen im Keller" muss die Lebenshilfe neuerdings Außenstände über ein Mahnwesen einfordern.

Als stimmberechtigtes Mitglied wurde Brigitte Kerger wieder in den Vorstand gewählt, nachdem sie von ihrer hauptamtlichen Tätigkeit als Buchhalterin bei der Lebenshilfe in den Ruhestand trat. Abschließend forderte Wulf Schmidt mehr ehrenamtliches Engagement. Ohne dies wäre die Gesellschaft starr und könne sich nicht so schnell anpassen, wie Situationen das erfordern.

Lebenshilfe

Die Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung – Südschwarzwald e.V. zählt 424 Mitglieder. 69 Personen sind hauptamtlich beschäftigt, weitere 447 ehrenamtlich. Erster Vorsitzender ist Wulf Schmidt. Hans-Peter Cheret ist Stellvertreter, Ernst Albrecht Schatzmeister, Jochen Haaga Schriftführer. Monika Faller, Heidi Behringer und Brigitte Kerger sind weitere stimmberechtigte Vorstandsmitglieder.

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