Kinder an Klettergerüst
Wulf Schmidt setzt sich seit 50 Jahren für die Menschen mit Behinderung ein

Wulf Schmidt setzt sich seit 50 Jahren für die Menschen mit Behinderung ein

Ein Leben für gleiche Rechte: Wulf Schmidt aus Friedenweiler engagiert sich seit 50 Jahren als Vorsitzender der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung. Deren Entwicklung hat er entscheidend geprägt.

Das Feuer der Begeisterung sprüht aus Wulf Schmidts Augen, wenn er über die Entwicklung seines Herzensprojekts spricht, für das er auch nach 50 engagierten Jahren noch brennt: Die Hilfe für behinderte Menschen.

Im Mai 1972 fand im Musiksaal des Kreisgymnasiums in Neustadt die Gründungsversammlung des Vereins Lebenshilfe für geistig Behinderte, Kreisvereinigung Hochschwarzwald statt, heute Lebenshilfe Südschwarzwald. Gleich fanden sich 50 Mitglieder. Alle verfolgten ein Ziel, aber niemand wollte den Vorsitz übernehmen, berichtet Wulf Schmidt, der die Verantwortung dann übernahm, und sie nach 50 Jahren noch trägt. Seine Stellvertreterin war Gusta Keintzel und auch Ilse Staab gehörte zu den Initiatoren.

Schwierige Anfänge vor 50 Jahren

"Nach zwei Pandemiejahren ist das Ankurbeln der Aktivitäten fast so schwer wie der Start 1972," schildert Schmidt die heutigen Herausforderungen.

Als Oberstufenlehrer am Kreisgymnasium wurde Schmidt von Schülern alarmiert. Sie berichteten von Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen, die auf den Höfen der Schwarzwaldtäler versteckt lebten. Schmidt lernte so die Situation der Hilfebedürftigen kennen, wollte sie verändern und "versuchte, in Neustadt Mitmacher zu finden."

Er erinnert sich an ganz schwierige Anfänge, auch bei Behördengängen und Arztgesprächen. Für den neuen Verein stand im Vordergrund, Kinder zu fördern und die Erwachsenen mit Behinderung aus der Abgeschlossenheit zu holen. "Der Aufbau war ganz bescheiden, mit ehrenamtlichen Helfern hat man gemacht, was eben möglich war," erinnert sich Schmidt.

Innerhalb kurzer Zeit 600 Mitglieder

Der Verein erfuhr viel Zuspruch und hatte in kurzer Zeit 600 fördernde Mitglieder. Aber das Netz aktiver Mitarbeiter, darunter viele Oberstufenschüler, musste langsam aufgebaut werden. 1975 wurde in der Allmend-Schule der erste Sonderschulkindergarten eröffnet, der zunächst nur fünf Jahre bestand, aber 1988 als Kindergarten Regenbogen wiedereröffnet wurde und 2004 in den Neubau am Ahornweg einzog.

Seit 2016 betreibt die Lebenshilfe zusätzlich den Waldkindergarten am Felsele. 1983 gab es den ersten Elternstammtisch und der Verein organisierte Disco-Veranstaltungen für Menschen mit und ohne Behinderung. Ein Jahr später entstand der erste Freizeitclub für Menschen mit Behinderung. Zwei Jahre darauf wurde die erste Geschäftsstelle eröffnet, im unlängst sanierten Haus der alten Gießerei.

Der Verein wurde immer weiter vergrößert

War die Geschäftsführung bis dahin ehrenamtlich vom Wohnzimmertisch aus bewältigt worden, gab es nun mit Christel Oertlin eine hauptamtliche Geschäftsführerin in Teilzeit. 1990 zog die Geschäftsstelle an die Stalterstraße, wo es erstmals Räume für Gruppenarbeit gab. 2006 folgte die Erweiterung in Räumen an der Wilhelm-Stahl-Straße, und seit 2019 hat die Lebenshilfe ihr Domizil im früheren Haus Stoffler an der Scheuerlenstraße.

1986 wurde der familienentlastende Dienst eingerichtet, 1992 bekam die Lebenshilfe ihr erstes Dienstfahrzeug und wurde anerkannter Betreuungsverein. Seit 2009 ist die Lebenshilfe mit der Lebenshilfe Hochrhein verschmolzen. Auch beim nun vergrößerten Verein, Lebenshilfe Südschwarzwald, hat Wulf Schmidt den Vorsitz.

Pandemie erschwert die Arbeit des Vereins

Seit 2018 ist der Verein Eigentümer des Landheims Dobelmühle. Nach abgeschlossenem Umbau können in der idyllisch gelegenen, 300 Jahre alten einstigen Mühle Freizeiten für Menschen mit Behinderung angeboten werden. Ohne tatkräftige und finanzielle Unterstützung könnte die Lebenshilfe viele Aufgaben nicht bewältigen, wie Schmidt verdeutlicht. In Rötenbach wurde von der Gründung an mehr als 20 Jahre lang alljährlich ein Benefiz-Fußballspiel der Bähnler gegen die Schreinerinnung ausgerichtet, erinnert sich Schmidt an eines der Hilfsbeispiele. Es gab dabei auch immer eine große Tombola und Betriebe aus dem Hochschwarzwald spendeten.

Zwar ist die Akzeptanz des Vereins und seiner Arbeit eine andere als in den Anfängen. Aber nach zwei Jahren Pandemie sind die Schwierigkeiten, Mitarbeiter zu finden, fast größer als damals, stellt Schmidt fest. Er beobachtet, dass "derzeit oft der Mut fehlt, ein ehrenamtliches Engagement einzugehen oder eine Stelle anzunehmen, von der man nicht weiß, ob eine neue Corona-Welle sie wieder zunichtemacht. Dazu kommt die Problematik von bewusst ungeimpften potentiellen Mitarbeitern und die zögerliche Öffnung von Behinderten-Einrichtungen."

Wulf Schmidt
1942 in Berlin geboren, machte Wulf Schmidt in Itzehoe sein Abitur und kam von dort mit seiner Frau nach Freiburg. Er studierte in Freiburg und Grenoble, war Referendar an Gymnasien in Freiburg und Breisach, ehe er 1970 die Stelle am Kreisgymnasium in Neustadt annahm, wo er bis 2008 unterrichtete. Der Oberstudienrat bekam den Spitznamen Schmidt-Fliege, weil er stets eine Fliege trägt. Er hatte zu seinen Schülern und Schülerinnen immer ein gutes Verhältnis, es gab gemeinsame Unternehmungen auch außerhalb der Schule und eine 13. Klasse wanderte in der Freistunde schon mal nach Friedenweiler und half der Frau des Lehrers beim Schneiden von Rotkraut für den Wintervorrat.

Literatur und Theater gehören zu Schmidts Leidenschaften. So leitete er zahlreiche Theateraufführungen am Gymnasium, es folgten Aufführungen in Titisee und in Hinterzarten. In Rötenbach ist er oft Spielleiter und war auch Autor und Regisseur von drei erfolgreichen Musicals. Von 1970 bis 1977 wohnte Schmidt mit seiner Familie in Friedenweiler und kaufte dann ein Haus in Rötenbach. Dort bewirtschaftete die Familie (vier Kinder, inzwischen acht Enkel) bis 2019 für den Eigenbedarf bis zu zehn Hektar Land, hielt Ziegen, Schafe, Kälber und Federvieh, seine Frau stellte Butter und Käse her. Gemüse und Salat kamen aus dem eigenen Garten. Er gehörte lange der Jagdgesellschaft Rötenbach an und war 20 Jahre Gemeinderat.

 

 

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